8. August 2008
 
    Stimmrecht für Nicht-Autoren
 

    Lange Zeit war folgende Regel Konsens: Mitglied der SAZ kann jeder werden, Stimmrecht haben jedoch nur Spieleautoren, die mindestens ein Spiel veröffentlicht haben:

     
      "§ 4 Stimmrecht
      1. Stimmberechtigt sind alle Spieleautoren; alle übrigen Mitglieder sind fördernde Mitglieder ohne Stimmrecht. Spieleautor ist, wer ein Spiel veröffentlicht hat. Die Veröffentlichung kann in einem Spieleverlag, im Selbstverlag oder in einem Buch bzw. einer öffentlichen Zeitung/Zeitschrift erfolgt sein.
      "
      Quelle: SAZ-Webseite: Satzung (rtf-Datei).
     

    Hintergrund dieser Regelung ist, die überschaubare Anzahl der Spieleautoren, insbesondere bei Abstimmungen. Es wäre sonst ziemlich einfach für eine Gruppe von Nicht-Autoren über die Geschicke des Vereins zu entscheiden.

    Zur Mitgliederversammlung am 6.Juni 2008 brachte dann der Verwaltungsrat einen Änderungsantrag ein, der im Wesentlichen vorsah:

      "Einem Mitglied ohne Veröffentlichung kann auch das Stimmrecht per Beschluss erteilt werden. Voraussetzung ist, dass die Mitgliedschaft des Antragstellers mindestens 1 Jahr besteht. Der Antrag muss in schriftlicher Form erfolgen. Über den Antrag beschließt der Verwaltungsrat."


    Ein seltsames Demokratieverständnis offenbart da der Verwaltungsrat:

    1. Die Mitgliederversammlung wählt einen Vorstand.
    2. Der Vorstand wählt einen Beirat und bildet zusammen mit diesem den Verwaltungsrat.
    3. Der Verwaltungsrat soll nun Stimmrechte an Mitglieder vergeben dürfen, die dann u.a. den nächsten Vorstand wählen.

    Oder kurz gesagt: Die Regierung wählt sich ihr Volk.


    Die Begründung des Verwaltungsrates ist ebenfalls haarsträubend:

      "Bei den Betroffenen handelt es sich in der Regel entweder unzweifelhaft um Autoren, die früher oder später auch ihr erstes Spiel veröffentlichen werden, oder Personen, die zwar keine Autoren sind, aber eindeutig die Ziele der Autorenschaft verfolgen, zum Beispiel Grafiker oder Partner von Autoren."
      (SAZ-News Nr.31. Mai 2008)

    Eine persönliche Beziehung zu einem Autor soll ein Stimmrecht begründen. Das ist institutionalisierte Klüngelei, auch wenn auf der MV noch hinzugefügt wurde, dass es darum gehe, mit dem Stimmrecht Mitglieder zu belohnen, die aktiv für die SAZ arbeiten. Das Stimmrecht sollte doch wohl der Interessenvertretung dienen, nicht als Sold für geleistete Dienste (wie z.B. Übersetzungsarbeit).

    Diese Begründung zeugt auch insofern von einem schrägen Demokratieverständnis als das man mit den sog. 'aktiven Mitgliedern' gut auskommen muss, um in den Genuß des Partner-Stimmrechts zu kommen. Mindestens zwei Mitglieder sind im letzten Jahr aus Protest gegen das autoritäre Verhalten des Vorstands ausgetreten. Einer der beiden hatte aktiv an der SAZ-Seite mitarbeiten wollen, wurde schließlich durch die SAZNews-Zensurregelung vergrault. Nun erhalten statt dieser Personen vorstandsnahe Nicht-Autoren Stimmrechte ...


    Immerhin wurde der Antrag dahin abgewandelt, dass nicht der Verwaltungsrat sondern die Mitgliederversammlung über die Vergabe des Stimmrechts befindet. Eine wichtige, aber keinesfalls ausreichende Einschränkung. Denn für Satzungsänderungen ist eine 3/4-Mehrheit nötig. Wenn jetzt per einfacher Mehrheit Stimmrechte vergeben werden können - lässt sich die Erfordernis einer 3/4 Mehrheit durch entsprechende Vergabe von Stimmrechten zumindest theoretisch aushebeln.


    Wer ist Spieleautor?

    Das andere Argument 'Autoren, die früher oder später auch ihr erstes Spiel veröffentlichen werden' ist da schon ernster zu nehmen. Denn anders als die SAZung besagt, wird man nicht durch Veröffentlichung zum Spieleautor sondern durch die Schaffung eines Spiels. Das Urheberrecht hat man spätestens mit Vollendung seines Werkes. Zu den Rechten, auf die ein Urheber in Deutschland grundsätzlich nicht rechtswirksam verzichten kann, gehören das Recht zur Veröffentlichung, zur Bearbeitung, das Recht auf ein angemessenes Honorar.

    Daher ist es unbefriedigend, wenn nur Autoren mit Veröffentlichung Stimmrecht haben. Allerdings stellt sich die Frage: Wo zieht man die Grenze? Jeder entscheidet selbst, ob er Autor ist. Daher wurde das Kriterium der Veröffentlichung als Nachweis einer ernsthaften Autorentätigkeit eingeführt, die Latte aber sehr niedrig gehängt: "Die Veröffentlichung kann in einem Spieleverlag, im Selbstverlag oder in einem Buch bzw. einer öffentlichen Zeitung/Zeitschrift erfolgt sein." Nicht nur nach meinem Verständnis fiel hierunter auch die Veröffentlichung in der Spiel&Autor. Man kann darüber streiten, ob die 'Spiel&Autor' eine öffentliche Zeitschrift ist und ob die Aufzählung abschließend gemeint ist. Meiner Meinung nach ist die Aufzählung lediglich beispielhaft gemeint.

    Auf der letzten Mitgliederversammlung wurde darüber gestritten und eine Veröffentlichung in der 'Spiel&Autor' mehrheitlich nicht als eine für das Stimmrecht ausreichende Veröffentlichung akzeptiert. Damit dürfte so mancher Beschluss der letzten Jahre hinfällig sein. Denn ein seit Jahren regelmäßig mit abstimmendes Mitglied bekannte sich auf der MV dazu, dass sein Stimmrecht ausschließlich auf einer Veröffentlichung in der Spiel&Autor basiert. Und die obige Stimmrechtsänderung wurde gerade so mit der erforderlichen 3/4 Merheit (18 von 24 Stimmen) beschlossen.

    Aber wen interessiert das schon?


    Spannend dürfte allerdings die Frage sein:

    Nach welchen Kriterien entscheidet eine Mitgliederversammlung, ob ein Spieleautor mal etwas veröffentlichen wird?

    Günter Cornett
 
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